Ugarit

Ugarit
Ugarit,
 
kanaanäische Stadt an der Mittelmeerküste, heute die Ruinenstätte Ras Schạmra am gleichnamigen Kap, nördlich von Latakia, Syrien; im Altertum Handelsmetropole und bedeutendes Kulturzentrum, seit etwa 2400 v. Chr. keilschriftlich bezeugt. Die Könige des Stadtstaats Ugarit standen im 15. und 14. Jahrhundert v. Chr. unter ägyptischer, seit etwa 1340 v. Chr. unter hethitischer Oberhoheit. Um 1200 v. Chr. wurde Ugarit von den Seevölkern zerstört. Den archäologischen Befunden nach lag die Blütezeit des rd. 100 Ortschaften umfassenden Stadtstaats um 1400-1200 v. Chr. Am Schnittpunkt der Interessensphären der Großmächte (Ägypten und Hethiter) gelegen, verstanden seine Könige (besonders Ammistamru I., Zeitgenosse Amenophis' IV., und Nikmadu II., Zeitgenosse des Hethiters Suppiluliuma I.) durch geschickte Politik ihre Selbstständigkeit zu wahren. Der Handel mit dem gesamten Vorderen Orient blühte, neben starkem ägyptischen Einfluss gab es u. a. eine kretische Handelskolonie.
 
Seit 1929 werden Ausgrabungen auf dem Tell Ras Schamra durch französische Archäologen durchgeführt (bis 1971), seit 1975 auch in Ras Ibn Hani, der Sommerresidenz der ugaritischen Könige, 5 km südwestlich von Ugarit. Bisher sind zum Teil nur spätbronzezeitliche Schichten (1500 bis 1200 v. Chr.) der stark befestigten Stadt von etwa 22 ha Fläche freigelegt, jedoch war die Stelle schon seit dem Neolithikum besiedelt. Ein großer Palast im Westen, zwei kleinere im Süden und Norden, jeweils mit Repräsentationsräumen am kleinen Zentralhof, der an einer Seite stets zwei Säulen aufweist, und unregelmäßig angeschlossenen Wohntrakten. Im Akropolisbereich wurden u. a. ein Tempel des Wettergottes Dagon und Priesterhäuser mit Grüften aufgedeckt. Die oft hochrangigen Fundgegenstände (Keramik, Schmuck, Waffen, Gebrauchsgüter, Prunkgeschirre, z. B. goldene Schale, Bronzestatuetten, Elfenbeinarbeiten, Steinstelen mit Götterbild) zeigen wie die ausgegrabenen spätbronzezeitlichen Paläste und Tempel Einflüsse aus Ägypten, Mesopotamien, Kleinasien und der Ägäis. Deutlich ist die Verwandtschaft zur phönikischen Kunst.
 
Aufschluss über die ugaritische Geschichte und Kultur geben die zahlreich aufgefundenen Schriftdokumente aus Tempel-, Palast- und Privatarchiven sowie Bibliotheken: Mythen und Epen, Wirtschafts- und Verwaltungstexte, Briefe, Opferlisten, Gebete, Glossare, Abecedarien u. a. Das entdeckte Schriftmaterial ermöglichte nicht nur die eindeutige Identifizierung der Stadt Ugarit, sondern liefert, wie auch die archäologischen Zeugnisse, Nachrichten über die ugaritische Mythologie und Götterwelt; diese Texte, z. B. die Mythenzyklen um El und Aschirat, Baal und Anat sind als älteste Quellen der altkanaanäischen Religion wichtig für die alttestamentliche Forschung.
 
Ähnlich bedeutsam sind Sprache (Ugaritisch ist eine nordesemitische Sprache) und Schrift Ugarits. Gebräuchliche Sprachen waren ferner Akkadisch, Sumerisch und Hurritisch. Die überlieferten Texte sind in ägyptischer Hieroglyphenschrift, in kyprominoischer Schrift sowie in hethitischer, sumerischer, akkadischer, hurritischer und v. a. ugaritische Keilschrift abgefasst. Bald nach der Entdeckung Ugarits wurden Texte aus dem 14. bis 12. Jahrhundert in einer spezifisch ugaritische Form einer alphabetischen Keilschrift (Ras-Schamra-Alphabet) von H. Bauer und P. Dhorme entziffert (semitische Schriften).
 
 
H. Klengel: Gesch. Syriens im 2. Jt., Bd. 2 (Berlin-Ost 1969);
 D. Kinet: U. - Gesch. u. Kultur einer Stadt in der Umwelt des A. T. (1981);
 O. Loretz: U. u. die Bibel. Kanaanäische Götter u. Religion im A. T. (1990);
 
U. Ein ostmediterranes Kulturzentrum im Alten Orient, hg. v. M. Dietrich u. O. Loretz, auf 2 Bde. ber. (1995 ff.);
 
U., religion and culture, hg. v. N. Wyatt u. a. (Münster 1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Phöniker: Ein Volk von Händlern
 
Ebla - Byblos - Ugarit: Die frühen Stadtkulturen
 

Universal-Lexikon. 2012.

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